Der Bär ist Los!

Oelder Gespräche zu den aktuellen Beziehungen zwischen Russland und Europa

(v.l.) Reinhold Sendker MdB, Andrey Gurkov (Deutsche Welle) und Christoph Bors (KAS)
(v.l.) Reinhold Sendker MdB, Andrey Gurkov (Deutsche Welle) und Christoph Bors (KAS)
Oelde. Zum Oelder Gespräch begrüßte der heimische Bundestagsabgeordnete Reinhold Sendker (Westkirchen) jetzt rund 80 Interessierte Gäste. Im sehr gut besuchten Oelder Bürgerhaus referierte Andrey Gurkov von der Deutschen Welle in Bonn über die europäisch-russischen Beziehungen. Der Russland Experte der Deutschen Welle gab einen Überblick über Ursprünge, Hintergründe und Perspektiven der „Beziehungskrise“ aus europäischem und russischem Blickwinkel.

Reinhold Sendker führte in die Veranstaltung mit den folgenden Worten ein:
 
Ich begrüße sehr, dass für den heutigen Abend das Thema Russland und - davon untrennbar – die Annexion der Krim sowie die Auseinandersetzungen in der Ukraine gewählt wurde: Dieser Konflikt ist schon eine Tragödie - sowohl für die Ukraine, als auch für Russland und für Europa.
 
In der Ukraine ereignet sich zurzeit eine humanitäre Katastrophe ungeheuren Ausmaßes und man gewinnt immer mehr den Eindruck, die Welt schaue unbeteiligt und tatenlos zu. Und so weit weg ist das Ganze ja auch gar nicht entfernt: Hier von Oelde aus sind es 2531 KM bis zur Krim.
 
Leider findet in Deutschland nicht jeder klare Worte für das Handeln des russischen Präsidenten und anderer Beteiligter. So verweigert sich Altkanzler Gerhard Schröder das ganz Offensichtliche auszusprechen: Die Ukraine ist ein souveräner Staat und wurde von Russland in seiner territorialen Unabhängigkeit verletzt, so der Tenor in der EU.
  • Die Ukraine hat ohne jeden Zweifel ein Recht auf Selbstbestimmung.
  • Und wer behauptete, da seien keine russischen Soldaten unterwegs, der verhöhnt seine Gesprächspartner.
Präsident Putin hat erkennbar den Zerfall der Sowjetunion, den er selber als „die größte geopolitische Katastrophe des Jahrhunderts“ bezeichnet, wohl nie richtig verkraftet. Es verleugnet ja auch niemand die historische Verbindung zwischen der Ukraine und Russland durch gemeinsame Kultur, Sprache und Geschichte – aber daraus erwächst noch lange kein Hegemonialanspruch. Stellt sich die Frage, wie sich dieser Konflikt zu den beklagenswerten kriegerischen Handlungen entwickeln konnte?
 
Denn zwischen 1991 und 2014 gab es keine nennenswerten Grenzkonflikte. Vielmehr wurden mehrere Freundschaftsverträge ausgetauscht. Vielleicht aber findet sich eine Erklärung in der unterschiedlichen Entwicklung der beiden Staaten nach 1991:
 
  • Vor allem die Hinwendung der Ukraine zur EU und zur Nato gab Anlass zu Spannungen.
  • Ein ähnliches Szenario stellte sich mit den Verhandlungen zum Assoziierungsabkommen der EU mit der Ukraine ein.
  • Fehlte den Europäern da das nötige Fingerspitzengefühl, war auch das Agieren der in dieser Zeit Amerikaner wenig hilfreich?
  • Oft genug haben die Russen zu verstehen gegeben, bei einer Ausdehnung von EU und NATO nach Osten nicht tatenlos zu zusehen. Das allein kann weder die Annexion der Krim noch eine finanzielle und militärische Unterstützung ukrainischer Separatisten rechtfertigen. Was sind weitere Hintergründe?
Der unverzichtbare Militärstützpunkt Sewastopol, die Krim, die für die Sowjetbürger so was wie die „Riviera des Ostens“ war, Symbol für Wohlleben, Mondänität und kulturelle Inspiration. Deshalb bedauern viele Russen, was Nikita Chruschtschow seinerzeit den Ukrainern geschenkt hatte.

Für unsere heutige Diskussionsrunde ist auch die Frage von Bedeutung, welche Zukunftsperspektiven sind denn realistisch? Das ausgehandelte Waffenstillstandsabkommen ist brüchig. Hoffnung, dass daraus ein ständiger Friede wird, besteht kaum, eher, dass es bei einem eingefrorenen, dem „frozen conflikt“ bleibt.

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